Das Personalvertretungsrecht
Das Personalvertretungsrecht ist die Grundlage für die betriebliche Mitbestimmung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und zählt ebenfalls zu den kollektiven Rechten. Es ist das öffentlich-rechtliche Gegenstück zum Betriebsverfassungsrecht, das in der Privatwirtschaft Anwendung findet. Obwohl der in der Privatwirtschaft typische Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit im öffentlichen Dienst fehlt, gibt es doch auch hier Interessengegensätze als Folge einer arbeitsteiligen Verwaltungsorganisation.
Durch die Mitbestimmung sollen Eigenständigkeit und Selbstverantwortlichkeit der Beschäftigten gefördert werden. Sie sollen Einfluss auf die Gestaltung der innerdienstlichen Angelegenheiten nehmen können und vor den Gefahren der abhängigen Beschäftigung bewahrt werden. Damit ist das Personalvertretungsrecht Ausdruck des Sozialstaatsgebotes, das den Gesetzgeber anhält, die Lebensverhältnisse unter Berücksichtigung sozialer Prinzipien zu gestalten.
Für den öffentlichen Dienst ist die betriebliche Mitbestimmung durch das Bundespersonalvertretungsgesetz und die Personalvertretungsgesetze der Länder geregelt. Es gilt für alle in öffentlichen Verwaltungen, Betrieben und Einrichtungen Beschäftigten, also für Arbeiter, Angestellte und Beamte. Allerdings sind einige der Mitbestimmungsrechte für Beamte eingeschränkt. Dies ist nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch von erheblicher Bedeutung. So wird z. B. zur Beilegung von Streitfällen eine paritätisch besetzte Einigungsstelle eingerichtet. Betrifft es Arbeiter und Angestellte, ist deren Entscheidung abschließend und für die Behörde verbindlich. Geht es um Beamtinnen und Beamte, so liegt es weitestgehend im Ermessen der Behörde, ob sie die Einigungsstellenempfehlung übernimmt.
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Die Entwicklung des Personalvertretungsrechts
Das Personalvertretungsrecht hat – wie auch das Betriebsverfassungsrecht – seine Wurzeln im Betriebsrätegesetz (BRG) vom 4. Februar 1920, das erstmals in Deutschland eine Arbeitervertretung gesetzlich sicherstellte. Das BRG galt sowohl für private Betriebe als auch für den öffentlichen Dienst. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wurde jedoch die betriebliche Mitbestimmung mit dem „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit" (AOG) vom 20. Januar 1934 wieder abgeschafft.
Grundlage für eine neue betriebliche Mitbestimmung nach der Niederschlagung der nationalsozialistischen Diktatur war das Kontrollratsgesetz Nr. 22 vom 30. April 1946, das die Bildung von Betriebsräten wieder gestattete. Das neu geschaffene Betriebsverfassungsrecht sollte wieder einheitlich für die Privatwirtschaft und den öffentlichen Dienst gelten. Doch in den Folgejahren entwickelten sich die Mitbestimmungsrechte durch spezielle Länderregelungen auseinander.
Sonderregelungen für den öffentlichen Dienst unterschieden sich schon im Anwendungsbereich.
Schließlich wurde mit dem Personalvertretungsgesetz vom 5. August 1955 ein eigenständiges Mitbestimmungsrecht für den öffentlichen Dienst geschaffen, das mit seinen Rahmenvorschriften für die Länder auch zu einer Rechtsvereinheitlichung beitrug. Mit dem Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) vom 15. März 1974 wurde schließlich die Mitbestimmung des öffentlichen Dienstes an die Entwicklungen des 1972 ausgebauten Betriebsverfassungsgesetzes angeglichen.
Grundsätze des Personalvertretungsrechts
Das Personalvertretungsrecht regelt die berufliche Interessenvertretung für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Ob es also Anwendung findet, richtet sich ausschließlich nach der Rechtsnatur des Arbeitgebers. Ist dieser ein Träger der öffentlichen Verwaltung, so richtet sich die betriebliche Mitbestimmung ausschließlich nach dem öffentlich-rechtlichen Personalvertretungsrecht. Das Recht der Personalvertretung ist unabdingbar (§ 3 BPersVG). Das heißt, dass von den gesetzlichen Vorschriften des BPersVG nicht durch Tarifvertrag abgewichen werden darf.
Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit
Die Generalklausel des § 2 BPersVG normiert das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Personalvertretung und Dienststelle. Sie dient als Auslegungsregel für alle Rechte und Pflichten. Das Gebot soll gewährleisten, dass sich Personalvertretung und Dienststellenleiter gegenseitig unterstützen. Ihre Arbeit soll dem Wohle der Beschäftigten dienen und ermöglichen, dass die Dienststelle die ihr obliegenden Aufgaben erfüllt. Das Gebot soll darüber hinaus sicherstellen, dass die Parteien nicht gegeneinander arbeiten. Eine besondere gesetzliche Ausformung des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit ist § 66 BPersVG, der die Grundsätze der Zusammenarbeit festlegt. Er postuliert u. a. monatliche Besprechungen zwischen der Personalvertretung und der Dienststellenleitung. Außerdem gebietet er eine Friedenspflicht
der Parteien und verbietet Maßnahmen des Arbeitskampfes.
Der Aufbau der Personalvertretung
Der Aufbau der Personalvertretung entspricht grundsätzlich dem Organisationsaufbau der Verwaltung. Das BPersVG geht daher der Organisation der Bundesverwaltung folgend von einem dreistufigen Aufbau aus. Personalvertretungen gibt es demzufolge bei obersten Dienstbehörden, bei Behörden der Mittelstufe und bei Behörden, die einer Behörde der Mittelstufe nachgeordnet sind. Bei einer mehrstufigen Verwaltung ist eine Stufenvertretung (§ 54 Abs. 1 BPersVG) zu bilden (also ein Bezirks- oder Hauptpersonalrat), der die Aufgabe hat, die gemeinsamen Angelegenheiten aller zu- und untergeordneten Dienststellen zu vertreten. Diese Grundsätze gelten auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts (Stiftungen, Anstalten).
Die Bildung von Personalvertretungen
§ 12 Abs. 1 BPersVG begründet eine unabdingbare Pflicht zur Bildung von Personalvertretungen in Dienststellen. So obliegt es nach § 21 BPersVG der Leitung einer Dienststelle ohne Personalvertretung, eine Personalversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes einzuberufen. Diese Regelungen führen zu einem sehr hohen Deckungsgrad betrieblicher Interessenvertretungen im öffentlichen Dienst, im Gegensatz zur Privatwirtschaft, wo der Anteil der Beschäftigten, die eine betriebliche Interessenvertretung haben, weitaus geringer ist. Allerdings gibt es auch im Personalvertretungsrecht keine Wahlpflicht der Beschäftigten.
Personalvertretungen sind zu bilden, wenn in einer Dienststelle in der Regel mindestens fünf Wahlberechtigte beschäftigt sind, von denen drei wählbar sein müssen. Der Oberbegriff „Beschäftigte" umfasst nach § 4 Abs. 1 BPersVG Beamte, Angestellte und Arbeiter, nicht jedoch Personen, für die es spezialgesetzliche Sonderregelungen gibt wie etwa Soldaten, Richter (wiederum mit Ausnahmen) oder Zivildienstleistende.
Bei der Berechnung der Beschäftigten einer Dienststelle wird die Zahl der regelmäßig besetzten Arbeitsplätze zugrunde gelegt (die vom gegenwärtigen Beschäftigungsstand abweichen kann). Der Stellenplan ist lediglich als Anhaltspunkt anzusehen. Zu berücksichtigen ist allerdings,wenn Planstellen längere Zeit unbesetzt bleiben oder Beschäftigte auf Planstellen anderer Dienststellen geführt werden. Ist eine Dienststelle zu klein, wird sie nach § 12 Abs. 2 BPersVG einer benachbarten Dienststelle zugeteilt, damit das Vertretungsrecht der Beschäftigten gewahrt bleibt.
Personalratswahlen finden unter der Leitung eines Wahlvorstandes statt, der von der bisherigen Personalvertretung bis spätestens acht Wochen vor Ablauf der Amtszeit bestellt wird (§ 20 Abs. 1 BPersVG), oder, sofern noch keine Personalvertretung vorhanden ist, in einer Personalversammlung gewählt wird (§ 21 BPersVG). Im Ausnahmefall kann auf Antrag einer in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaft oder von mindestens drei Wahlberechtigten der Wahlvorstand auch durch die/den Dienststellenleiter/in bestellt werden (§ 20 Abs. 2 und § 22 BPersVG).
Das Gruppenprinzip
Nach derzeit herrschender, aber umstrittener Rechtsauffassung machen es Unterschiede zwischen Beamten und Tarifbeschäftigten notwendig, eine gruppenspezifische Interessenvertretung zu gewährleisten. So können sich z. B. die Interessen von Tarifbeschäftigten im Hinblick auf die Sicherung des Arbeitsplatzes von denen der Beamten unterscheiden. Daher bestimmt § 5 BPersVG, dass sich die Personalvertretungen in die zwei Gruppen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte) sowie der Beamten gliedern. Jede Gruppe muss entsprechend der Stärke ihrer Gruppenangehörigen im Personalrat vertreten sein (§ 17 BPersVG). Auch im Wahlvorstand müssen die Gruppen vertreten sein. Die Angehörigen jeder Gruppe wählen ihre Vertretung in eigenständigen Wahlgängen. Allerdings können die Gruppen bestimmen, dass eine Gemeinschaftswahl durchgeführt werden soll.
Die Verschwiegenheitspflicht
Für alle Personen, die Aufgaben oder Befugnisse im Zusammenhang mit der Personalvertretung wahrnehmen oder wahrgenommen haben, normiert § 10 BPersVG eine Verschwiegenheitspflicht. Sie gilt nicht nur für die Mitglieder der Personalvertretungen, sondern auch für Ersatzmitglieder, Sachverständige, Mitglieder von Einigungsstellen, Gewerkschaftsvertreter/innen usw. Die Verschwiegenheitspflicht wirkt über die jeweils ausgeübte Funktion hinaus auch nach deren Beendigung. Sie gilt umfassend für alle Tatsachen und Angelegenheiten, über die im Zusammenhang mit der personalvertretungsrechtlichen Tätigkeit Kenntnis erlangt wurde, und sie gilt grundsätzlich gegenüber jedermann.
Das Begünstigungs- und Benachteiligungsverbot
Zur Gewährleistung einer Interessenvertretung zum Wohle der Beschäftigten und zum Schutz der Personen, die personalvertretungsrechtliche Aufgaben wahrnehmen, bestimmt § 8 BPersVG ein Verbot der Begünstigung und Benachteiligung. Adressat der Norm ist nicht nur der Dienstherr, sondern jedermann. Das Verbot umfasst sowohl jede Schlechterstellung oder Zurücksetzung gegenüber vergleichbaren Beschäftigten als auch jegliche mittelbare oder unmittelbare finanzielle Begünstigung.
Aufgaben und Befugnisse der Personalvertretung
Der Aufgabenkatalog des § 68 BPersVG legt die allgemeinen Aufgaben der Personalvertretung fest. So obliegt es z. B. der Personalvertretung, Maßnahmen zu beantragen, die der Dienststelle oder ihren Angehörigen dienen (§ 68 Abs. 1, Nr. 1 BPersVG). Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe hat die Personalvertretung ein umfassendes Informationsrecht (§ 68 Abs. 2 BPersVG).Dies umfasst auch das Recht, in Personalakten Einsicht zu nehmen, jedoch nur mit Zustimmung der Beschäftigten.
Anhörungsrecht
Daneben ist die Personalvertretung mit drei weiteren abgestuften Rechten ausgestattet. Nach § 78 Abs. 3 bis 5 BPersVG hat sie ein Anhörungsrecht bei bestimmten Maßnahmen der Dienststelle wie z. B. vor grundlegenden Änderungen von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen.
Mitwirkungsrecht
§ 78 Abs. 1 und 2 sowie § 79 BPersVG regeln die Mitwirkung des Personalrats. Dieses Recht besteht z. B. bei Kündigung eines Beschäftigten durch den Arbeitgeber (§ 79 BPersVG), gegen die der Personalrat Einwände erheben kann. Das Mitwirkungsrecht des Personalrats ist wesentlich stärker als ein bloßes Anhörungsrecht, da mit der Einwendung des Personalrats weitgehende
Rechtsfolgen verbunden sein können. So haben Arbeitnehmer im Falle einer ordentlichen Kündigung, gegen die sie rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben haben, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung, sofern der Personalrat Widerspruch gegen die Kündigung eingelegt hat. Eine Kündigung, die ohne Beteiligung des Personalrats erfolgt, ist ganz unwirksam.
Mitbestimmungsrecht
Das stärkste Beteiligungsrecht des Personalrats ist die Mitbestimmung, die in den §§ 75 bis 77 BPersVG geregelt ist. Das BPersVG unterscheidet zwischen mitbestimmungsbedürftigen Angelegenheiten für Arbeiter und Angestellte (§ 75 BPersVG) sowie für Beamte (§ 76 BPersVG). Soweit eine von der Dienststelle durchzuführende Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, kann sie nur mit seiner Zustimmung getroffen werden (§ 69 BPersVG). Daneben hat der Personalrat ein Initiativrecht (§ 70 BPersVG). Er kann die Durchführung von Maßnahmen beantragen und Maßnahmen gegebenenfalls auch gegen den Willen der Dienststelle durchsetzen.
Einigungsstelle
Verweigert der Personalrat seine Zustimmung und kann auch im weiteren Verfahren keine Einigung erzielt werden, so entscheidet die Einigungsstelle (§ 69 Abs. 4 BPersVG). Sie besteht aus je drei Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitgeberseite und der Personalvertretung sowie einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen. Die Zusammensetzung der Arbeitnehmervertreter muss das Gruppenprinzip widerspiegeln. Die Einigungsstelle fasst ihren Beschluss mit Stimmenmehrheit (§ 71 Abs. 3 BPersVG). Dieser
Beschluss ist für die Beteiligten grundsätzlich bindend.
Eingeschränkte Mitbestimmung für Beamte
§ 69 Abs. 4, S. 3 und 4 BPersVG bestimmt jedoch für Beamte eine wichtige Ausnahme: Hier beschließt die Einigungsstelle lediglich eine Empfehlung an die Dienstbehörde. Die Dienstbehörde ist an diese Empfehlung jedoch grundsätzlich nicht gebunden. Dieses Verfahren gilt auch für Maßnahmen, die vom Personalrat beantragt werden.
Diese besondere Regelung für Beamte geht auf verschiedene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zurück. Schon 1959 hat das BVerfG in einem Urteil zum Bremischen Personalvertretungsgesetz ausgeführt, dass nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums Personalangelegenheiten eines Beamten grundsätzlich von der Dienstbehörde zu entscheiden seien. Ein Letztentscheidungsrecht der Einigungsstelle sei daher nicht mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar und widerspreche dem Grundsatz der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung.
Mit dieser Rechtsauffassung haben sich bereits zahlreiche Rechtsexperten und die Gewerkschaften kritisch auseinandergesetzt. DasBVerfG habe Art. 1 GG nicht genügend berücksichtigt, der es verbiete, dass Einzelne lediglich zum Objekt staatlichen Handelns gemacht würden. Zudem gewährleiste gerade die paritätische Zusammensetzung der Einigungsstelle unter Einbeziehung der staatlichen Vertreterinnen und Vertreter, dass die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung gewahrt bleibe. Dennoch hielt das BVerfG auch in seinem Beschluss vom 24. Mai 1995 zum Mitbestimmungsgesetz von Schleswig-Holstein im Wesentlichen
an seiner Ansicht fest. Das Gericht blendet in fundamentalistischer Weise Grundrechtspositionen aus, obwohl es in dieser Entscheidung auch ein Mitbestimmungsmodell entwickelt, das zwischen Beteiligungsebenen nach Binnenbereichen einerseits und Wahrnehmung von Amtsaufgaben andererseits differenziert. Eine grundrechtlich akzeptable Lösung ist damit indes nicht geschaffen
worden.
Schulungs- und Bildungsanspruch von Personalräten
Zur „Herstellung der intellektuellen Waffengleichheit" zwischen Arbeitgebern und der betrieblichen Interessenvertretung hält das Personalvertretungsrecht verschiedene rechtlich Instrumente bereit. So haben Personalräte Anspruch auf bezahlte Freistellung zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Die gesetzlichen Grundlagen sind im BPersVG und in den Personalvertretungsgesetzen der Länder geregelt. Die Vorschriften für Personalräte in den Ländern orientieren sich oft an der Struktur des BPersVG. Anhand der Regelungen im BPersVG wird nachfolgend zusammengefasst, wann und in welchem Umfang der Anspruch auf Freistellung zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen besteht.
Für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen gibt es grundsätzlich zwei Anspruchsgrundlagen, die selbständig nebeneinander bestehen. Sie unterscheiden sich in ihren Voraussetzungen und vor allem aber im Umfang der Kostenübernahmepflicht durch den Dienstherrn bzw. Arbeitgeber. Nach welcher Regelung sich der Freistellungsanspruch richtet, hängt von den Kenntnissen ab, die auf der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen vermittelt werden. Das Gesetz unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die
Freistellung nach § 46 Abs. 6 BPersVG
§ 46 Abs. 6 BPersVG ermöglicht die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen,
die für die Tätigkeit in der betrieblichen Interessenvertretung erforderliche Kenntnisse vermitteln. Der Dienstherr hat die Kosten in vollem Umfang zu tragen. Dies umfasst neben der Fortzahlung des Entgelts auch die Übernahme der Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten sowie die Lehrgangsgebühren. Zeitlich ist der Anspruch nicht begrenzt.
Konfliktreich ist oft die Frage, wann eine Bildungsmaßnahme erforderliche Kenntnisse vermittelt. In der Rechtsprechung heißt es hierzu, dass eine Bildungsmaßnahme Kenntnisse vermitteln muss, die ihrer Art nach objektiv bei der Erfüllung der gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben in der Interessenvertretung benötigt werden. Subjektiv kommt es auch auf den
Wissensstand des jeweiligen Mitglieds an und auf die Aufgaben, die es innerhalb
des Gremiums wahrzunehmen hat.
Formal erfordert die Freistellung nach Absatz 6 einen Entsendungsbeschluss des Gremiums, der bei einer Sitzung im Rahmen eines eigenen Tagesordnungspunktes zu fassen ist. Hierbei muss das Gremium die oben beschriebene Erforderlichkeit prüfen. Bei dieser Prüfung hat es einen gewissen Entscheidungs- und Beurteilungsspielraum.
Bei der zeitlichen Lage der Bildungsmaßnahme sind dienstliche Belange zu berücksichtigen. Der Inhalt des Entsendungsbeschlusses ist der Dienststellenleitung mitzuteilen.
Freistellung nach § 46 Abs. 7 BPersVG
Daneben haben Personalräte einen zweiten eigenständigen Anspruch auf Freistellung nach § 46 Abs. 7 BPersVG zur Teilnahme an geeigneten Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Die Entscheidung, ob eine Bildungsmaßnahme geeignet ist, erfolgt gemäß § 46 Abs. 7 BPersVG durch Anerkennung der Bundeszentrale für politische Bildung. Personalräte können ihre Freistellung ohne Beschluss des Gremiums eigenständig bei der Dienststellenleitung beantragen.
Bei Freistellungen nach Absatz 7 übernimmt der Arbeitgeber nur die Fortzahlung des Arbeitsentgelts, nicht aber die übrigen Schulungskosten. Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt darin, dass dieser Anspruch zeitlich auf insgesamt drei Wochen während der regelmäßigen Amtszeit begrenzt ist (bzw. vier Wochen für erstmals gewählte Mitglieder).
Rechtsschutz beim Streit mit der Dienststellenleitung
Verweigert die Dienststellenleitung die Freistellung, dürfen Personalräte nicht von sich aus dem Dienst fernbleiben. Vor dem Verwaltungsgericht kann im Beschlussverfahren die Freistellung durch den Dienstherrn verlangt werden. Dabei sollte gegebenenfalls gleichzeitig eine einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht beantragt werden, um zu verhindern, dass die Durchsetzung des Freistellungsanspruches durch Zeitablauf vereitelt wird.
Übersicht zur Freistellung für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen
Grafik
Regelung nach § 46 Abs. 6 BPersVG § 46 Abs. 7 BPersVG Inhalt Vermittelung von erforderlichen Kenntnissen Vermittelung von geeignete Kenntnissen
; objektiv: Schulung umfasst das Sach- ; Prüfung, ob die Schulung geeignet ist,
und Aufgabengebiet der Interessenver- erfolgt nach Antrag durch BpB
tretung
; subjektiv: zu entsendendes Mitglied
hat speziellen Schulungsbedarf
Umfang ; Materiell: alle Kosten der Schulung und ; Materiell: nur Fortzahlung des Entgelt
Fortzahlung des Entgelts Keine Schulungskosten
; Zeitlich: Keine Begrenzungs ; Zeitlich: 3 Wochen in der Amtsperiode
(4 bei erstmals gewählten Mitgliedern)
Voraus- Entsendungsbeschluss des Gremiums unter Beantragung der Schulung beim
setzungen ; Prüfung der Erforderlichkeit nach Dienststellenleiter
Ermessen des Gremiums
; Berücksichtigung dienstlicher Belange
; Mitteilung an den Arbeitgeber
Übersicht zu den Rechtsvorschriften über die Freistellung in den Ländern
Baden-Württemberg: | § 47 Abs. 5 LPVG BW |
Bayern: | Art. 46 Abs. 5 BayPVG |
Berlin: | § 42 Abs. 3 PersVG BE |
Brandenburg: | § 46 Abs. 1 PersVG Bbg |
Bremen: | § 39 Abs. 5 und 6 BremPersVG |
Hamburg: | § 48 Abs. 4 HmbPersVG |
Hessen: | § 40 Abs. 2 HPVG |
Mecklenburg-Vorpommern: | § 39 PersVG MV |
Niedersachsen: | § 40 NPersVG |
Nordrhein-Westfalen: | § 42 Abs. 5 LPVG NW |
Rheinland-Pfalz: | § 41 Abs. 1 LPersVG RP |
Saarland: | § 45 Abs. 5 SPersVG |
Sachsen: | § 47 SächsPersVG |
Sachsen-Anhalt: | § 45 PersVG LSA |
Schleswig-Holstein: | § 37 Abs. 1, 4 und 5 MBG Schl.-H |
Thüringen: | § 46 ThürPersVG |
Weitere Informationen für Personalräte finden Sie unter www.personalrat-online.de
Unterstützungs- und Kontrollrechte der Gewerkschaften
Den Gewerkschaften wird durch das Personalvertretungsrecht eine Reihe von eigenständigen Befugnissen eingeräumt. Sie verfügen über besondere Unterstützungs- und Kontrollrechte, die der Wahrung und Förderung der Dienstbedingungen dienen. So haben die Gewerkschaften z. B. das Recht, eigenständig auf die Bildung von Personalräten hinzuwirken (§ 22 BPersVG). Zudem können sie an den Sitzungen des Wahlvorstandes mit beratender Stimme teilnehmen (§ 20 Abs. 1, S. 4 BPersVG). Darüber hinaus haben sie das Recht auf Wahlanfechtung (§ 25 BPersVG). Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 71, S. 81/94) nehmen die Gewerkschaften damit bei Personalratswahlen eine ähnliche Rolle wahr wie politische Parteien bei Parlamentswahlen.